Der schleichende Weg in den Burnout

Depression oder Burnout
Wie entsteht ein Burnout bzw. eine Erschöpfungsdepression?
Eins ist sicher: Ein totaler Erschöpfungszustand fällt niemals plötzlich vom Himmel. Das Ausbrennen geschah über einen langen Zeitraum, und der Burnout hat sich mit ziemlicher Sicherheit vorher durch kleine und größere Zeichen angekündigt, die jedoch zu lange ignoriert worden sind.

 

DepressivWie kann das sein? Wenn man doch eindeutige Anzeichen von Erschöpfung oder einer beginnenden Depression bekommt – wie kann man das bloß freiwillig ignorieren und einen völligen Zusammenbruch riskieren?

 

Es geschieht, weil die Zeichen eben anfangs nicht so eindeutig sind! Wer noch nie einen Burnout hatte, der kann die typischen Situationen und Gefühle nicht immer sofort einordnen. Woher auch? Aus früheren Erfahrungen gehst du natürlich davon aus, dass es schon alles nicht so schlimm sein kann und alles wieder in Ordnung kommt.

 

Was dir nicht bewusst ist: Früher war dein Akku noch so voll, dass du genug Lebensenergie hattest, um stressige Phasen problemlos zu überstehen. Und dieses kraftvolle Gefühl, wenns sein muss alles zu schaffen, hält sich noch erstaunlich lange, auch wenn dein Akku schon auf Reserve läuft. Das ist das Gefährliche daran! Wenn du nicht ganz bewusst darauf achtest, dann bemerkst du lange Zeit nicht, ob deine Akkuanzeige eher im grünen, gelben oder roten Bereich liegt.

 

Spür doch bei der Gelegenheit direkt mal nach innen rein. Jetzt und hier.
Wo steht dein Akku jetzt in diesem Augenblick?
Stell dir eine Tachoanzeige zwischen 0 und 100 Prozent vor. Ganz spontan: Auf welche Zahl zeigt Deine Tachonadel? Welche Farbe hat dieser Bereich?

 

Diese Übung kannst du zwischendurch immer mal wieder machen, um Deine momentane Lebensenergie zu überprüfen. Das halte ich für wesentlich hilfreicher, als z.B. jeden Tag auf die Waage zu steigen!
(Falls es Dir schwerfällt, die Zahl intuitiv zu erspüren, kannst Du sie auch mit anderen Messmethoden herausfinden, wie z.B. dem kinesiologischen Muskeltest oder einem Pendel.)

 

Wenn Du bereits von einer Erschöpfungsdepression betroffen bist, dann stellst Du Dir jetzt vielleicht die Frage:
„Woran hätte ich denn erkennen können, dass ich auf einen Zusammenbruch zusteuere?“
Und wenn Du nicht betroffen bist, dann stellst Du Dir diese Frage vermutlich erst recht.

 

Daher werde ich Dir ein typisches Beispiel geben, wie so ein Weg in den Burnout aussehen kann. Natürlich ist das bei jedem Menschen individuell, aber es gibt auch Gemeinsamkeiten, in denen Du Dich vielleicht wiederfinden kannst. Ich zeichne hier bewusst nicht den Weg des klassischen Topmanagers, sondern das ganz normale Leben einer Frau mit Familie und Beruf.
 

 

 

Ungefähr so kannst du dir den Weg in einen Burnout vorstellen: Ein Beispiel
 Läufst Du auch durch Dein tägliches Hamsterrad?Du hast in der letzten Zeit viel Stress gehabt und warst auch einige Male krank, vielleicht ein bisschen heftiger als sonst. Daher wolltest du dich eigentlich schon längst mal wieder richtig ausruhen. Aber irgendwie kommst du nie dazu, weil es immer noch ein paar wichtige Dinge gibt, die gerade anstehen und erledigt werden wollen.
Wenn dich z.B. eine Freundin um einen größeren Gefallen bittet, weil sie dich als sehr netten und hilfsbereiten Menschen kennt, dann sagst du ihr natürlich auch diesmal zu, gar keine Frage. Schließlich kannst du sie ja jetzt nicht enttäuschen, was würde sie denn sonst von dir denken? Und es macht ja auch ein bisschen Spaß, bei ihrem großen Projekt mitzuhelfen.
Du denkst dir: „Ach komm, die eine Sache schaff ich jetzt auch noch, sie würde sich ja so darüber freuen! Ich bin zwar eigentlich zu müde, aber was soll’s, wird schon gehen.“
Und es geht ja auch, du bekommst alles mit Bravour hin, wie immer. Noch fühlst du dich stark genug.
Du machst dieses Projekt, trotz Deiner andauernden Erkältungen. Es ist schön, Deine Freundin so glücklich und dankbar zu sehen! Und das tut Dir auch gut. Trotzdem kostet es Dich ziemlich viel Kraft, zusätzlich zu Deinen anderen Verpflichtungen. Du fühlst dich abends total kaputt und nimmst Dir vor, beim nächsten Mal abzusagen. Für dieses Mal ziehst Du es aber definitv durch, denn Du darfst auf keinen Fall jemanden hängen lassen! Ausruhen kannst Du nach dem Projekt ja immer noch.
Immer öfter hast Du einen unangenehm drückenden Kopfschmerz hinter dem linken Auge, der Dir langsam ein bisschen Sorgen macht. „Mist, die Aspirintabletten sind schon wieder leer! Dann wird es heute eben mal so gehen müssen. Das schaff ich schon!“
 Und Du schaffst es natürlich, wie immer. Nie würdest Du Dir etwas anmerken lassen und Dich und Deine „Wehwehchen“ in den Vordergrund stellen. Das passt nicht zu dir. Du warst immer die Starke, die alles schafft, und hast beigebracht bekommen, dich nicht so anzustellen. Und du bist all die Jahre gut damit gefahren. Es hat sich immer toll angefühlt, von anderen Menschen um Hilfe gebeten zu werden. Gebraucht zu werden macht einen irgendwie zu einem besonderen und wichtigen Menschen.
So fühlt es sich zumindest an.
Was, wenn das gar nicht stimmt?
„Wer wäre ich eigentlich, wenn mich keiner mehr brauchen würde?“
Schnell wegwischen, den Gedanken!! Autsch!
Ist nicht noch was im Kühlschrank??
Ah, schon besser.
Endlich ist das Projekt Deiner Freundin geschafft. Puh!
Aber ausruhen kannst Du Dich immer noch nicht. Auf der Arbeit steht gerade eine größere Sache an, die Dich einige Überstunden kostet. Auf keinen Fall kannst Du Deinen Chef und die Kollegen jetzt allein lassen! Deine besonderen Fähigkeiten werden dringend gebraucht, und keiner ist so stark im Thema drin wie du. Das macht dich so wertvoll und unverzichtbar, der Laden würde zusammenbrechen ohne Dich!
Also fährst du jeden Tag etwas früher zur Arbeit und kommst erst spät am Abend zurück. Vollkommen erschöpft fällst du abends aufs Sofa und kannst dich nur noch vom Fernseher berieseln lassen.
Doch was ist das? Die Küche ist ja völlig chaotisch, die muss dringend heute noch aufgeräumt werden! Was soll denn die Nachbarin denken, wenn sie morgen zu Besuch kommt? Mit großer Kraftanstrengung stehst du vom Sofa wieder auf und machst die Küche. Schönes Gefühl, wenn alles sauber ist!
SchulterschmerzenMorgens beim Aufstehen spürst Du wieder dieses heftige Ziehen im Rücken und hoffst, dass es im Laufe des Tages wieder nachlässt. Du musst doch zur Arbeit! Gerade heute muss es einfach sein, da ist doch dieser wichtige Termin! Da war doch noch irgendwo diese Wärmesalbe…. Mit Schmerztabletten wird es irgendwie gehen.
Mit einer Extraportion Aufraffen schleppst Du Dich aus dem Haus und fährst zur Arbeit. Zack, wieder ein bisschen auf Pump vom Lebensenergie-Konto abgehoben. Fühlt sich gut und kraftvoll an, so viel zu schaffen.
Wochen später bist Du noch erschöpfter, und so langsam fällt Dir endlich auf, dass Du kräftemäßig auf Pump lebst. Seit Wochen bist du erkältet, nimmst schon Antibiotika, weil Deine Lunge vom Husten schmerzt. „Es muss jetzt trotzdem irgendwie gehen! Andere gehen auch mit Erkältung zur Arbeit. Kein Grund, sich so anzustellen!“ Aber schon komisch, dass es diesmal so lange dauert und Dein Husten einfach nicht weggehen will. Hm.
Langsam dämmert Dir, dass Du wirklich jetzt mal vernünftig sein solltest, und Du meldest Dich für diese Woche krank. Das ist Dir echt schwergefallen, doch Du kannst einfach nicht mehr.
Kaum sitzt Du mit schlechtem Gewissen hustend auf dem Sofa, fällt Dir wie ein Blitzschlag der große Familiengeburtstag ein, der für nächste Woche noch vorbereitet werden muss! Schon wieder kein Ausruhen möglich. „Aber so ein runder Geburtstag ist ja schließlich eine Ausnahme! Der ist ja nur alle 10 Jahre, der kann ja schlecht ausfallen, nur weil ich ein bisschen Erkältung und Rückenschmerzen habe. Es gibt ja sonst niemanden, der die Organisation übernehmen kann.“ Wieder dieses Gefühl, dass eine Katastrophe passiert, wenn Du Dich nicht selbst um alles kümmerst. Du kannst nicht riskieren, dass irgendetwas an diesem besonderen Tag nicht klappt! Es muss mindestens so schön werden wie beim letzen Mal!
Und so weiter und so weiter………………..
Die Kopfschmerzen werden mit Tabletten unterdrückt, die Müdigkeit mit Kaffee hochgeputscht, und die warnende innere Stimme vollständig ignoriert. Du sagst Dir immer wieder: „Ach, bald steht ja unser Urlaub an, da kann ich mich ja noch genug ausruhen!“
Und wenn es dann Wochen später soweit ist, und Du im Urlaub versuchst zu entspannen, dann merkst Du entsetzt, dass Du es nicht mehr kannst!
Die Sonne scheint, Deine Erkältung ist endlich weg, Du liegst am Pool, alles scheint so schön und friedlich zu sein. Aber in Dir tobt innerlich ein Überlebenskampf!
Dein Nervensystem dreht in der ungewohnten Leere des Tages vollkommen durch. Nichts zu tun, keiner braucht Dich mehr, keine Aufgaben, keine Struktur, kein Halt. Die Gedanken rasen im Karussel. Dir ist ständig schwindelig. Es rauscht und pfeift in den Ohren. Du bist so kaputt, dass Dir jede Bewegung schwerfällt und Du einfach nur noch da sitzen kannst. Keine schönen Ausflüge am Urlaubsort. Du willst nur noch hier weg.
Panikattacke
Es soll sofort aufhören! Du schnauzt gereizt Deine Mitmenschen an, deren fröhliche Urlaubsstimmung Dir so lächerlich und geradezu provokant vorkommt. Die tun doch nur so fröhlich, um Dich absichtlich zu reizen!

Nach Deinem riesen Wutausbruch bist Du noch erschöpfter, und es tut Dir plötzlich total leid, Deine geliebten Menschen so ungerecht behandelt zu haben. Eine heiße Welle aus Scham- und Schuldgefühlen überwältigt Dich, zusammen mit der Erkenntnis, dass Du am Ende bist. Nichts geht mehr. Gar nichts.

So entsteht Burnout, langsam und schleichend. Du hast alles unter Kontrolle, denkst du. Bis es plötzlich zu spät ist und du nicht mehr kannst.
Du kannst es kaum fassen, dass all die Dinge, die du bisher (scheinbar) problemlos hinbekommen hast, plötzlich nicht mehr gehen! Nie hättest du dir vorstellen können, dass du mal so schwach sein könntest. Dass du dich morgens im Kindergarten auf eine Bank setzen musst, während dein Kind sich die Schuhe auszieht, weil du keine 2 Minuten mehr stehen kannst. Du schämst dich vor dir selbst und anderen, weil du nicht mehr funktionieren kannst wie bisher. Du fühlst dich minderwertig und bist grenzenlos enttäuscht von dir.
Burnout
Lass es bitte nicht soweit kommen!!
Wenn du diese eine Schwelle erstmal überschritten und Deinen Akku bis aufs Letzte ausgequetscht hast wie eine Zitrone, dann wird es unter Umständen lange dauern, bis Du wieder vollständig hergestellt bist. Natürlich ist es zu schaffen, aber es wird Dich viel Zeit und Kraft kosten.
Diese Geschichte war frei erfunden. Aber so oder so ähnlich ist es schon vielen Menschen ergangen, die in den Burnout geraten sind!
Wenn Du Dich an irgendeiner Stelle wiedererkennst, dann lass es Dir eine Warnung sein. Du merkst es lange nicht, also sei bitte zu 100% ehrlich zu Dir selbst und hole Dir Hilfe, bevor es zu spät ist!
Wie Du aus dem Burnout wieder herauskommst, wird Thema eines weiteren Blogartikels sein. Bis dahin kannst Du schonmal auf der Seite „Erschöpfung & Burnout“ Hilfe bekommen.
Alles wird gut!!!